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Don't LOVE me (Die Don't Love Me-Reihe 1) (German Edition) Page 13
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Page 13
Ich holte Luft, um noch mehr zu sagen, denn ich wollte nicht, dass dieses Gespräch schon endete. Vor allem, wenn sie so vor mir stand und ich an nichts anderes denken konnte als diesen Moment in meiner Suite, als ich sie unbedingt hatte küssen wollen. Aber da tauchte Moira wieder auf und maß mich mit einem strengen Blick.
»Lyall? Kommst du? Die Denkmalkommission wartet auf uns.«
Ich stieß die Luft lautlos aus. »Klar.« Nur sehr kurz zuckte mein Mund zu einem Lächeln, dann ließ ich Kenzie allein.
»Ich hoffe, du weißt, dass die Leute in der Stadt ein sehr genaues Auge auf Kenzie haben«, sagte Moira, als wir zum Speisesaal des Grand gingen. »Es wäre besser, wenn du außerhalb der Meetings nicht mit ihr sprichst.«
Ich presste die Lippen aufeinander. »Ist das ein offizieller Befehl oder nur ein Ratschlag von dir?«
»Es ist beides.« Sie blieb stehen und seufzte. »Lyall, es wirkt vielleicht anders, aber ich bin nicht gegen dich. Ich will, dass es hier für dich funktioniert.«
Doch, du bist gegen mich , dachte ich. Du bist gegen mich, ohne es zu merken. Und das ist das Schlimmste daran.
Aber ich nickte nur ergeben. »Ich verspreche, ich halte mich von Kenzie fern«, sagte ich, so glaubhaft ich konnte. Nicht nur, um Moira zu überzeugen.
Sondern auch mich selbst.
Es war höllisch früh, als ich ein paar Tage danach im Morgengrauen auf meine Tour ging und eine Stunde später aus dem See kam. Kalt war es zudem – der Nachteil am Aquathlon war, dass man nass laufen musste, in meinem Fall wenigstens bis zum Hotel. In Chicago hatte ich einen Neoprenanzug dafür, aber ich hatte ihn nicht mitgenommen und wollte mir auch keinen neuen besorgen. Der Anzug hielt nur die Kälte ab, die mir sehr gelegen kam, denn sie machte meinen Kopf klar.
Vor mir tauchte der Campingplatz auf, und ich bog ab, um an der vordersten Reihe der Parzellen entlangzulaufen. Jeden Tag war ich ein bisschen näher an dem mitternachtsblauen Campervan vorbeigejoggt, der fast direkt am Ufer stand. So als wüsste ich nicht, dass es für mich eine verbotene Zone war. Trotzdem hatte ich Kenzie nie gesehen. Und auch heute würde ich sicher kein Glück haben, schließlich war es gerade mal sieben Uhr.
Ich hielt auf das Ende des Weges zu, als eine Bewegung rechts von mir mich ins Stocken brachte: Es war die Tür zu einem Camper, die sich öffnete. Eine blaue Tür. Ich blieb stehen und sah, wie Kenzie herauskam, in eine dicke Strickjacke gewickelt, die Haare zu einem unordentlichen Knoten gebunden, einen dampfenden Becher in der Hand. Mein Magen machte eine freudige Drehung, aber ich wehrte mich in diesem Moment nicht dagegen. Ich schaute sie einfach nur an und genoss es, dabei ausnahmsweise nicht kritisch beäugt zu werden.
Als Kenzie mich bemerkte, froren ihre Bewegungen kurz ein, dann griff sie sich auf den Kopf, als wolle sie checken, wie sie aussah. Schließlich lächelte sie vorsichtig.
»Hey«, sagte sie.
»Hey«, machte ich.
Sie zögerte.
»Willst du vielleicht auch Kaffee?«, fragte sie dann und hielt ihren Becher hoch. Ihr Blick war unsicher, als wüsste sie nicht, ob ich dieses Friedensangebot verdiente. Oder ob es klug war.
Sag Nein. Sag um Himmels willen Nein, wenn dir deine Zukunft irgendetwas wert ist.
»Ja, gerne.« Ich erwiderte das Lächeln und ging zu ihr auf den Stellplatz, der von ein paar niedrigen Büschen umgeben war.
»Okay, dann komm lieber rein. Es ist kälter hier draußen als gedacht.« Sie stieg die Stufe zu ihrem Camper hinauf, und ich folgte ihr zögernd, nicht ohne vorher einen Blick in die Umgebung zu werfen, ob mich doch jemand sah. Ich hasste es, dass so was nötig war.
Aber kaum hatte ich einen Fuß auf die Schwelle gesetzt, nahm ich ihn wieder herunter. »Sorry, ich bin total nass. Es ist besser, ich bleibe draußen.«
»Sei nicht albern, du holst dir noch den Tod.« Kenzie reichte mir ein großes Handtuch. »Das ist ein Camper, kein schickes Hotelzimmer. Der hält das aus.«
Ich grinste, nahm das Tuch und streifte meine Schuhe von den Füßen, bevor ich ihr ins Innere folgte. Dort sah ich mich um.
Die einzigen Wohnmobile, die ich kannte, waren mit blassen Nicht-Farben ausgestattet gewesen und erinnerten eher an fahrende Altenheime als an Camping. Das von Kenzie war völlig anders. Kräftig grüner Stoff war auf alle Polster gezogen, die Arbeitsfläche war hochwertig furniert und die Fronten weiß lackiert. Das Innere des Wagens war zudem größer als gedacht – obwohl ich fast 1,90 war, konnte ich aufrecht stehen. Es gab ein kleines Bad, eine Küche neben der Sitzecke und sogar ein fest eingebautes Bett, auf dem eine ordentlich gefaltete Decke und zwei Kopfkissen lagen. Ich war beeindruckt. Als ich das Auto zum ersten Mal gesehen hatte, war ich überzeugt gewesen, es wäre weder komfortabel noch wohnlich.
»Wow. Irgendwie bin ich immer davon ausgegangen, Camper wären Rentnermobile mit unbequemen Betten und ohne jeglichen Komfort, aber das hier … Ich hätte nicht gedacht, dass ein Campingauto so cool sein kann.«
»Danke«, sagte Kenzie ein bisschen stolz. »Es ist eine Eigenproduktion von uns.«
»Uns? Das heißt, du hast es selbst ausgebaut?« Aber offenbar nicht allein. Gab es da etwa einen Freund, so einen Handwerkertypen mit Holzfällerhemd und Werkzeuggürtel, mit dem sie dieses Bett sofort nach Fertigstellung eingeweiht hatte? Sag mal, hat da vielleicht jemand zu viele Pornos gesehen?
»Mit den Leuten meines Dads«, sagte sie und machte damit alle Horror-Fantasien zunichte. »Er hat eine Firma für den Ausbau von so was, also habe ich ihm in den Ohren gelegen, noch bevor ich überhaupt einen Führerschein hatte. Und zum siebzehnten Geburtstag stand dann dieses Ding in der Halle.« Kenzie strahlte. »Natürlich nicht so, wie er jetzt aussieht. Warte mal kurz.« Sie hantierte mit ihrer French Press und reichte mir dann einen Metallbecher mit Born-to-be-wild- Aufdruck. »Hier.«
Als ich ihn entgegennahm, streiften ihre Finger meine und wir hielten beide inne. Ich sah sie an, sie erwiderte den Blick – und da war er wieder, dieser Sog, der uns zueinander zog. Er traf mich mit voller Wucht, scherte sich nicht um das, was zwischen uns stand, um den Streit, meine Worte oder ihre. Er war einfach da und flüsterte mir zu, das alles zu vergessen und ihm nachzugeben.
Ich wusste nicht, wie lange wir einander in die Augen sahen, aber dann senkte Kenzie den Blick und ging etwas auf Abstand. Halb erleichtert, halb enttäuscht trank ich einen Schluck von meinem Kaffee, der stark und aromatisch meinen leeren Magen wärmte. Kenzie tippte währenddessen kurz auf ihrem Handy herum und zeigte mir schließlich das Bild eines unscheinbaren weißen Kastenwagens. Als sie wieder näher kam, stieg mir ihr Geruch in die Nase, aber ich riss mich zusammen – und der Sog blieb unter Kontrolle.
»Das war dieses Auto?« Ich sah überrascht auf. »Du verarschst mich.«
»Niemals. Das war mein Van, ich schwöre es.«
Sie scrollte durch ihre Bilder und ein paar Videos, während sie mir erklärte, was sie wann an dem Camper umgebaut hatte – die Fenster, das Dach und den kompletten Innenausbau. Ich verfolgte den Fortschritt im Zeitraffer, stellte einige Fragen und war echt beeindruckt. Von meiner Mutter wusste ich, wie schwierig es war, Räume so zu gestalten, dass sie funktional und einladend waren. Wenn man nur ein paar Quadratmeter hatte, wurde das noch schwieriger.
»Krass, wie du alles auf so wenig Platz untergebracht hast.« Ich sah mich mit ganz neuem Respekt in Kenzies Van um. Jeder Zentimeter war sinnvoll genutzt, ob in der Küche oder woanders.
»Das Problem ist eigentlich eher, dass der ganze Kram auch da untergebracht ist, wo man ihn braucht. Ich hatte zum Beispiel meine Klamotten erst da vorne.« Sie zeigte auf die Klappen über dem kleinen Tisch, zu dem die Vordersitze umgedreht waren. »Das war super, wenn man sich mal schnell umziehen wollte – und allen Leuten draußen eine kostenlose Peepshow geliefert hat.«
»Ich weiß nicht, was daran ein Problem ist«, grinste ich.
»Nicht frech werden, Henderson.« Kenzie stieß mich neckend an und schauderte, als sie merkte, dass mein Shirt klatschnass war. »Du brauchst was zum Anziehen«, sagte sie, und ihr Tonfall war plötzlich weich und nah. Ich spürte, wie meine Körpertemperatur ein paar Grad anzusteigen schien �
� und das hatte nichts mit dem Kaffee zu tun. »Ich müsste noch … irgendwo …« Schon zog sie eine der Stauklappen auf und wühlte darin, bis sie einen Sweater fand, der für sie einige Nummern zu groß war. Entschlossen reichte sie ihn mir. »Hier.«
Ich nahm das graue Kleidungsstück entgegen und hielt es unschlüssig in der Hand. »Von deinem Freund?«, fragte ich subtil.
»Nein«, sagte sie und ihr Mundwinkel zuckte. »Von meinem Ex. Er hat ihn hier vergessen.«
»Dann ist er ein Idiot.« Ich ließ offen, ob ich damit seinen Status als Ex oder das Vergessen seines Pullovers meinte.
»Oh ja, allerdings«, schnaubte Kenzie. »Aber seine Klamotten machen einen nicht ebenfalls zum Idioten, ich habe es getestet. Also zieh ihn ruhig an.«
Ich stellte den Becher weg und zog mein nasses Shirt über den Kopf. Als ich es kurzerhand aus dem geöffneten Fenster nach draußen warf, damit es nicht den Boden volltropfte, musterte Kenzie mich und holte lautlos Luft. Irgendwie genoss ich es zu sehen, dass mein Anblick sie nicht kalt ließ. Das war nur gerecht. »Danke«, sagte ich und zog den Pullover über. »Für den Pulli, meine ich.«
»Kein Problem«, sagte sie, und ihre Stimme war ein bisschen höher als gewöhnlich. »Du bist also Schwimmer?«
Schön, dass wir beide so subtil waren. Ich unterdrückte ein Lächeln.
»Ich schwimme und laufe. Es ist eine Kombination aus beidem, nennt sich Aquathlon .« Ich schob die Ärmel hoch, dann nahm ich wieder meinen Becher.
»Scheint eine gute Kombination zu sein«, stellte sie fest und musterte mich eindringlich. »Weißt du, was ich nicht kapiere? Wieso benimmst du dich manchmal wie ein totales Arschloch und bist dann wieder so wie jetzt?« Sie fragte es geradeheraus, und mit einem Schlag war der Sog wieder da, stärker denn je. Kenzie hatte so etwas Zartes, aber auch ungeheuer Starkes an sich – eine Mischung, die mich anzog wie ein Magnet. Ein Mädchen, das mich interessierte, wirklich interessierte, war nicht auf der Suche nach einem Typen, der ihr die Welt erklärte, sondern wollte selbst herausfinden, wie sie funktionierte. Kenzie Stayton war so ein Mädchen. Und deswegen war das hier so gefährlich für mich. Denn wenn ich nicht aufpasste, dann geriet mir diese Sache außer Kontrolle.
»Du hast es ja mitbekommen«, antwortete ich dennoch, »die Leute in dieser Stadt haben nicht die beste Meinung von mir.«
»Ja, das habe ich bemerkt. Und deine Strategie dagegen ist, dass du dich benimmst wie ein Arsch?« Sie sah mich zweifelnd an.
»Nein.« Ich schüttelte langsam den Kopf und schaute ihr erneut in die Augen. Dann holte ich tief Luft und beschloss, ehrlich zu sein. »Meine Strategie ist, auf keinen Fall zu zeigen, was du in mir auslöst.«
13
Kenzie
Meine Strategie ist, auf keinen Fall zu zeigen, was du in mir auslöst.
Etwas in mir machte einen Satz, als er das sagte und mich dabei auf diese Lyall-Art ansah, die keinen Zweifel daran ließ, wie er es meinte. Ich merkte, dass mein Magen anfing zu flirren, und die Spannung, die bereits mit ihm in den Camper gestiegen war, schraubte sich im Sekundentakt nach oben. Ich dachte daran, wie er ohne Shirt vor mir gestanden hatte mit diesem verflucht perfekten Körper, und plötzlich war es viel zu heiß in meinem Wagen. Aber trotzdem verringerte ich den Abstand zwischen uns, bis ich direkt vor Lyall stand.
»Und, wie läuft das so für dich?«, fragte ich leise und schaute ihm in seine unendlich dunklen Augen.
»Beschissen«, antwortete er ehrlich.
Unsere Blicke verflochten sich miteinander, und plötzlich war völlig klar, dass wir das Gleiche wollten, ohne auf irgendeine Stimme der Vernunft zu hören. Lyall beugte sich zu mir herunter, ich kam ihm entgegen, und in der nächsten Sekunde trafen seine Lippen auf meine. Als wäre es unausweichlich gewesen, als hätte er nicht mehr widerstehen können. Dabei war ich es, die keinen weiteren Moment mehr hätte warten können, um genau das hier zu tun.
Lyall musste meinen Mund nicht um Einlass bitten, denn ich öffnete ihn ohne Gegenwehr. Da war kein Moment von Zurückhaltung, von Zaudern oder Zögern. Ich legte meine Arme um seinen Hals, er schlang einen um meinen Körper, umfasste mit der anderen Hand meinen Nacken. Ich spürte seine feuchten Haare auf meiner Haut, als er mich erneut küsste, und wieder, und wieder. Unsere Zungen verschlangen sich ineinander, und mir entfuhr ein Laut, den ich von mir noch nie gehört hatte. Er brachte Lyall dazu, mich so eng an sich zu ziehen, dass ich jeden einzelnen seiner Muskeln spüren konnte. Wirklich jeden.
»Kenzie …«, raunte er leise, aber ich verschloss seinen Mund erneut mit einem Kuss. Meine Hände glitten aus seinem Nacken, denn ich wollte ihm näher sein, so nah wie nur möglich. Mit den Fingern fand ich den unteren Saum des Pullovers und schob sie darunter. Lyall strich mir die Haare aus dem Gesicht, seine Zunge vertiefte sich erneut in meinen Mund und ich fuhr mit den Händen über harte, angespannte Bauchmuskeln unter kühler, glatter Haut. Lyall stöhnte leise auf und revanchierte sich, indem er mir die Strickjacke über die Schultern herunterzog und seine Finger unter meinem Shirt die Wirbelsäule hinaufschickte.
»Dafür komme ich so was von in die Hölle …«, murmelte er an meinen Lippen.
»Ich komm mit«, keuchte ich atemlos. Er lachte dunkel, bevor er mich wieder küsste, auf diese gekonnte, ungezähmte Art, die mich jetzt schon hoffen ließ, er würde nie wieder damit aufhören. Im Gegenteil. Bei dem Gedanken, wie das hier weitergehen könnte, sammelte sich glühende Hitze in der Mitte meines Körpers und verteilte sich überall dort, wo er mich berührte.
Lyall hielt inne, dicht vor meinem Gesicht, strich mit dem Daumen über meine Unterlippe. »Sicher, Miss Bennet?«, flüsterte er, und es war wohl das Verführerischste, was ich je gehört hatte.
»Todsicher, Mister Darcy«, lautete meine prompte Antwort. Ich hatte längst aufgegeben, klar zu denken. Das war unmöglich mit Lyalls Mund auf meinem und seiner Haut unter meinen Händen. Ich wollte mehr davon, viel mehr. Scheißegal, ob es klug war oder nicht.
»Kenzie?« Eine Stimme drang von sehr weit entfernt an mein Ohr. Aber es war nicht Lyalls. Jetzt nicht , dachte ich. »Kenzie, bist du wach?«
Es klopfte plötzlich an den Van, laut und blechern. Ich schrak auf wie aus einem Traum, sah Lyalls Gesicht direkt vor mir, seine schwarzen Augen, die nichts, absolut nichts außer dem gleichen Verlangen zeigten, das ich in jeder Faser meines Körpers spürte. Aber dann wurde es getrübt – von Erkenntnis. Der Erkenntnis, dass das hier vorbei war.
Es klopfte wieder, Lyall machte einen Schritt zurück, zog den geliehenen Pullover an seinen Platz und strich sich die Haare zurück. Ich traute meinen Knien nicht, als ich zur Seite trat und versuchte, irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Was für ein Kuss. Ein Kuss, der mehr Sex gewesen war als jeder Sex in meinem bisherigen Leben. Wow.
»Aufstehen, du Schlafmütze!«, rief es von draußen. Im gleichen Moment schob mir Lyall die Strickjacke eilig wieder über die Schultern und brachte dann so viel Platz zwischen uns, wie es im Inneren von Loki möglich war. Das beruhigte meinen Atem aber nicht. Oder sonst irgendetwas in mir.
»Ich bin schon wach!«, rief ich zurück.
»Super! Ich habe Frühstück dabei.« Die Schiebetür klackte und Drew schob sie einen Spalt auf. Erst sah er mich und winkte mit einer Papiertüte. Dann fiel sein Blick auf Lyall und sein Gesicht wurde hart vor Abneigung. »Was hast du denn hier zu suchen?«, fragte er unfreundlich.
»Hör auf damit, Drew«, sagte ich, bevor Lyall antworten konnte. »Das hier ist immer noch mein Camper. Wer sich darin aufhält, entscheide ich.«
»Und es ist mein Campingplatz.« Drew sah ihn feindselig an. »Auf dem du ab sofort Hausverbot hast, Henderson.«
Ich schob mich vor Lyall und verschränkte die Arme. »Hat er nicht.«
»Oh doch. Und ich werde es durchsetzen, wenn er nicht verschwindet.«
»Na, das will ich sehen«, meinte Lyall.
»Kannst du.« Drew setzte drohend einen Fuß auf die Schwelle, aber ich ging dazwischen.
»Vergiss es, keine Prügeleien im Van.«
»Dann soll er verschwinden«, knurrte Drew.
»Das wird er n–«, begann ich, aber
Lyall unterbrach mich.
»Lass gut sein, Kenzie. Ich bin schon weg.« Er berührte kurz meinen Arm und lächelte mich an, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. So, als würde er das eben bereuen. »Wir sehen uns.« Damit stieg er aus meinem Wagen, stieß Drew mit der Schulter zur Seite und war im nächsten Moment außer Sicht.
Wir sehen uns. Nach diesem Kuss war ein Wir sehen uns alles, was ich bekam? Vielleicht sogar für alle Zeiten, wenn ich Lyalls Blick richtig gedeutet hatte. Langsam zog sich die Hitze in meinem Körper zurück und machte Platz für kalte Wut. Ich sah Drew an, der nach wie vor mit seiner Brötchentüte in der Tür stand.
»Spinnst du eigentlich?«, fuhr ich ihn an. »Hausverbot? Was haben sie dir denn heute Morgen in den Kaffee geschüttet?« Paulas Sohn war einer der friedfertigsten Menschen, die ich kannte. Nur wenn er auf Lyall Henderson traf, war er plötzlich wie ausgewechselt.
Drew funkelte mich an. »Du solltest mir dankbar sein, statt mich anzumaulen.«
»Dankbar? Was haben wir, 1840?« Ich schnaubte. »Falls es an dir vorbeigegangen ist, eine exklusive Info für dich: Man muss Frauen heute nicht mehr retten. Und mich schon gar nicht!«
»Wieso bist du so sauer? Hast du etwa mit ihm was am Laufen?« Er schaute mich aufmerksam an. »Oh Gott, hast du wirklich! Ich weiß, wie man aussieht, wenn man was mit Lyall Henderson hat – und du siehst genau so aus.«
»Ich habe nichts mit ihm!«, wehrte ich ab und fragte mich, ob man mir wirklich ansah, dass ich Lyall gerade geküsst hatte, als wäre es mein letzter Tag auf Erden. Und dass es vielleicht nicht dabei geblieben wäre, wenn Drew nicht geklopft hätte. Unauffällig griff ich mir in die Haare, um sie zu glätten.
»Aber nur, weil ich vorbeigekommen bin, oder?« Drew schien mir die Wahrheit vom Gesicht abzulesen. »Himmel, was hat der Typ nur an sich, dass jede Frau sofort ihr Gehirn abschaltet, wenn er auftaucht? Ist das sein Name oder das Bankkonto?«
Mein Ärger kochte erneut hoch. »Hältst du mich für so oberflächlich? Seit wann interessieren mich Geld oder irgendwelche Namen?«