Wie alles begann Page 4
»Ich finde, das ist ein guter Grund«, lächelte Knox.
»Welchen hast du?«, platzte ich heraus. »Oh je, entschuldige. Gerade haben wir noch darüber gesprochen, dass man das nicht fragt, und jetzt bin ich so blöd …« Ich hatte geredet, ohne zu denken. Das kam nur selten vor.
»Mein Dad ist gestorben.« Knox ignorierte meine Entschuldigung und gab mir eine ehrliche Antwort. »Er hatte eine schlimme Krankheit, aber man hätte sie heilen können, wenn MedSol hätte weiterforschen dürfen.«
»Das tut mir ehrlich leid«, sagte ich. MedSol. Die Firma, in der mein Dad Entwicklungschef gewesen war. Wut schoss in mir hoch. Mein Vater hätte Knox’ Vater retten können, wenn Leopold de Marais uns nicht alle in die vortechnologische Urzeit zurückgeworfen hätte. Aber stattdessen war er einen vermeidbaren Tod gestorben. Und der, dem wir das verdankten, lebte weiter.
Wie so oft, wenn ich daran dachte, wurde ich wütend, und das schüchterne Mädchen in mir machte Platz für eine andere Version von mir. Ich holte Luft.
»Das ist alles so wahnsinnig unfair!«, sprudelte es aus mir heraus. »Ich hasse Leopold de Marais, und ich hasse es, was er uns antut, dass er mordet und stiehlt und Leben zerstört. Und ich will ihm wehtun, genau wie er mir wehgetan hat. Er soll sich wünschen, er wäre in seinem protzigen Haus in der Provence geblieben und hätte weiterhin sein Geld gezählt!« Erschrocken holte ich Luft, als mir bewusst wurde, was ich da gerade gesagt hatte. Aber Knox reagierte nicht schockiert oder unangenehm berührt, ganz im Gegenteil. Er schenkte mir einen langen Blick, der mich beinahe wieder hätte rot werden lassen, wenn mich das Flattern in meinem Magen nicht davon abgelenkt hätte.
»Ich bin wirklich froh, dass du bei uns bist, Phee«, sagte er dann.
»Ja.« Ich lächelte. »Ja, das bin ich auch.«
Als ich das sagte, wurde mir klar, dass sich für mich von nun alles ändern würde. Das hier war der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Am heutigen Tag endete meine Hilflosigkeit, das Verstecken und die Angst vor der Zukunft.
Und das Beste daran war: Zum ersten Mal seit zwei Jahren fühlte ich mich nicht mehr allein.
© Fotogräfin Lisa
Lena Kiefer wurde 1984 geboren und war schon als Kind eine begeisterte Leserin und Geschichtenerfinderin. Einen Beruf daraus zu machen, kam ihr jedoch nicht in den Sinn. Nach der Schule verirrte sie sich in die Welt der Paragraphen, fand dann aber gerade noch rechtzeitig den Weg zurück zur Literatur und studierte Germanistik. Bald darauf reichte es ihr nicht mehr, die Geschichten anderer zu lesen – da wurde ihr klar, dass sie Autorin werden will. Heute lebt Lena Kiefer mit ihrem Mann in der Nähe von Freiburg und schreibt in jeder freien und nicht freien Minute. Die »Ophelia Scale«-Trilogie ist ihr Debüt.
Von Lena Kiefer ist ebenfalls bei cbj erschienen:
Ophelia Scale – Die Welt wird brennen (Band 1)
Mehr über cbj auf Instagram unter @hey_reader
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Lena Kiefer
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